Sachstandsberichte I

Ein neues Element in meiner Website

Es gibt ein neues inhaltliches Format in meiner Website, das ist der Sachstandsbericht. Ich erkläre Euch, was ich mir dabei gedacht habe, wie das Ganze entstanden ist und was ich damit machen will.

Um es kurz zusammenzufassen: Der Sachstandsbericht bietet mir im Gegensatz zum eher vergänglichen »durchlaufenden« Blogbeitrag die Möglichkeit, länger an einem Text zu arbeiten. Dabei möchte ich meine Beweggründe für Änderungen am Text mit Euch - meinen Lesern - teilen und kommentieren. Darüber hinaus, und das erschwert sowohl die technische Umsetzung als auch das Arbeiten in und mit dem Format, möchte ich auch die Änderungen im Text auf Mausklick sichtbar machen. Was habe ich hinzugefügt, wann habe ich es hinzugefügt; ebenso soll auch gelöschter Text auf Klick wieder sichtbar werden. Das ist immer noch nicht alles: im Gegensatz zum Jardin Intérieur, der hier tatsächlich nur in meiner Muttersprache Deutsch verfügbar ist, soll es die Sachstandsberichte auch in 3 Sprachen geben: Deutsch, Englisch und Französisch. Alles immer gut synchron gehalten, auch die Textänderungen und Kommentare.

Wie das alles gekommen ist, welche Beweggründe mich antreiben und warum ich höchstwahrscheinlich scheitern werde, das habe ich hier mal aufgeschrieben. Ich lasse mich jetzt einfach auf dieses Abenteuer ein und Euch mit daran teil haben.

Und so fing alles an ...

Donnerstag, 17. Februar 2022

Keine Zeit zu schreiben

So war es. Im Februar 2022 hing ich in zu vielen Projekten gleichzeitig fest. Ich schloss gerade mit dem Dia-Scannen und meiner Fotodigitalisierung ab, steckte aber noch mitten im Bücherregalbau. Dazu galt es eine seit 1998 gemeinsam gebaute Modelleisenbahnanlage zu zerlegen und zum Teil zu verschrotten. Im Garten gab es enorm viel zu tun, in der Werkstatt klemmte es bei der Fertigstellung der Einrichtung. Und darüberhinaus war auch im Büro von schuermann.design viel zu tun.

Ich hatte einfach keine Zeit.

Da kam mir eine unglaublich geniale Idee (nicht): Schrieb ich nicht zu Uni-Zeiten ein spannendes Essay über Louis Henry Sullivan. Schon seit einem Jahr mindestens lag es auf dem Stapel zur Bearbeitung. Das war doch bestimmt flugs eingescannt, digitalisiert und veröffentlicht, oder?

Äh, nein.

Nun hatte ich aber damit angefangen und da ich ebenso wie die meisten Menschen in der Verzweiflung über drohendes Scheitern unsinnige Ideen bis zum oft bitteren Ende weiterverfolge, quälte ich mich durch die Fehler der Texterkennung, korrigierte scheinbar endlos falsch erkannte Doppel-n Buchstaben, verdrehte Ziffern und falsch zerteilte und getrennte Wörter. Endlich war der Text fertig. Aber so konnte der nicht online gehen, dachte ich mir. Der ist ja überhaupt nicht auf dem Stand der Dinge. Weder technisch noch von der Recherche her. 1996 gab es für mich nur die Möglichkeit in den Beständen der Wuppertaler Universitätsbibliothek zu recherchieren. Und welche Möglichkeiten bieten sich mir heute, im Vergleich dazu.

Ich fing engagiert mit der Überarbeitung an.

Dann traf ich meinen Freund Arne (https://arne.xyz/). Ihm erzählte ich von meinem Vorhaben und wie weit ich mit der Überarbeitung mittlerweile gekommen war. (Das 31-seitige Essay hatte sich schon um ein paar ausgewachsene Seiten verlängert.)

Überraschenderweise bestätigte Arne mich nicht in meinem Vorhaben. Er gab zu Bedenken, dass auf diese Weise der Originaltext hinter meiner Überarbeitung für immer verschwinden würde. Aus editionswissenschaftlicher Sicht sollte es möglich sein, und ich hoffe, ich gebe das hier korrekt wieder, Zugriff auf ältere Versionen des Textes zu haben. 

Bodo Plachta

Texte sind historische Dokumente. Ihre Entstehung und die aus ihr resultierenden Ergebnisse müssen als ein historischer Prozess beschrieben und fixiert werden. Diesen Entstehungsprozess in seiner Komplexität aus historischen, biographischen oder poetologischen Komponenten möglichst umfassend zu dokumentieren und zu erläutern, ist ein wichtiges Ziel der historisch-kritischen Ausgabe.

Quelle : Plachta, Bodo: Editionswissenschaft, Eine Einführung in Methode und Praxis der Edition neuerer Texte, Reclam, Ditzingen 1997, Seite 13f

Sah ich das ein? Ich sah es ein. Wollte ich das? Ja, ich wollte das - allerdings in völliger Unkenntnis, was auf mich zu kommen würde - sowohl technisch wie organisatorisch; aber auch was die Menge an Arbeit betraf, machte ich mir Illusionen.

1. In meinem neuen inhaltlichen Format kann man die Bearbeitungsschritte, die Veränderung des Textes nachvollziehen.

Noch war aber völlig unklar, wie das aussehen würde. Und es war unklar, wie ich das Format nennen sollte. Ich brauchte einen Namen für ein inhaltliches Format, dass ich immer wieder bearbeiten, updaten und verändern würde. Wie sollte ich es nennen?

Ich ging in meiner eigenen Website auf die Suche. 

Entwicklungspotential

Der Jardin Intérieur

Seit 2021 gibt es dieses Format in meiner Website und für viele Dinge hat es sich für mich etabliert. Durch das Schreiben im Markdown-Format sind die Inhalte ultraschnell zu editieren und online gestellt. Es gibt keinen Aufwand, kein Login, kein CMS - die Hürden sind minimal inhaltlich zu arbeiten. Im Moment ist der Jardin für mich eine Spielwiese, eine Ablage, aber auch ein Ökosystem, wo im besten Falle neue Ideen ausgebrütet oder im Entstehungsprozess befindlich sind. 

Aber der Jardin Intérieur ist nicht der Ort, an dem ich lange Artikel bearbeiten, schreiben oder veröffentlichen will. Weder ist das Markdown-Format für komplexere Layouts geeignet, noch möchte ich die responsiven Bildformate im Markdown bereitstellen und alle händisch in den Code schreiben. 

Ich stelle fest: 

2. Für komplexe, aufwändige Inhalte oder bildreiche Präsentationen ist der Jardin Intérieur nicht der geeignete Ort.  

Status quo beibehalten

Einfach ein anderes Blog-Layout wählen

Letztlich war die erste Version der überarbeiteten Version meines Essays über die missverstandene Designmaxime des amerikanischen Architekten und Essayisten Louis Henry Sullivan »Form follows function« ja schon fast online gewesen. Es gab bereits Randbemerkungen zu geänderten Absätzen, auch hatte ich bereits weitere Fotos ergänzt; jetzt müßte sich doch eigentlich aus diesem Template einfach ein Template für einen Sachstandsbericht machen lassen, oder?

Ja und nein.

Ja, weil das Grundlayout, das Raster, die Elemente, all das hat sich in den letzten Jahren bewährt. Ich bin damit zufrieden. Andererseits - es sind viele neue Templates in den letzten Jahren entstanden, weil die alten Templates für den inhaltlichen Zweck nicht mehr genügten. Dann habe ich eben ein neues entwickelt. Am Anfang stand ein Template, in das ich gerade einmal ein Bild einfügen konnte, dann habe ich eins gebaut, in dass sich derer zwei einfügen liessen.

Dann wollte ich unbedingt Marginalien, Randbemerkungen haben. Und schließlich Code einfügen, ein Template mit einer Galerie-Funktion einsetzen können, oder zu jedem Kapitel ein Bild einfügen. Und wie im mittelalterlichen Festungsbau agierte auch ich; es wurde für etwas Neues nichts Altes abgerissen, es wurde immer weiter und weiter angebaut, angepasst. Jeder kann sehen wohin das führt, zu einem sehr uneinheitlichen Erscheinungsbild (Effekt eher gering) aber zu einem hochkomplexen Gebilde, dass unter Umständen auch mal in sich zusammenfällt, weil man dessen Funktionsweise nicht mehr versteht. Ganz klar war also, dass ich alles auf Null setzen wollte und neu anfangen. Die neuesten Standards einsetzen, technisch State of the Art sein beim State of Play schreiben. Ordentliche Bildunterschriften, vernünftige Quellen anzeigen, automatisch ein Inhaltsverzeichnis einsetzen, denn das würde ich auf jeden Fall benötigen. Und natürlich wieder schlankes und schnelles CSS und HTML 5 schreiben.

Schließlich aber, selbst wenn ich ein Blogtemplate verwenden würde, niemals wollte ich, dass meine Sachstandsberichte im normalen Blogflow mitlaufen. Wie sollte sich jemand für sie interessieren, wenn sie unter ferner liefen erscheinen. Das ging auf keinen Fall. 

Also stellt es sich so heraus:

3. Aus technischen Gründen wird das Template für die Sachstandsberichte völlig neu entwickelt.
4. Die Sachstandsberichte werden nicht in den Flow des Blogs integriert, es wird ein neues Format geben.

Alles neu macht der Mai März

Sachstandsberichte und Blog-Relaunch

Es war mitnichten so, dass es so ein kontinuierlicher Prozess war, wie hier nun beschrieben. Den Begriff Sachstandsberichte hatte ich ja überhaupt noch nicht, als ich die Entscheidung traf, so eine Art Bearbeitungsstand beziehungsweise vorher-nachher-Zustand sichtbar zu machen.

Darauf kam ich mit meinem Freund G., der bei einer großen Metropole im Ruhrgebiet städtischer Angestellter ist. Mit ihm sprach ich das Ganze durch und sagte ihm, dass ich einen Namen suche, für etwas, bei der ich meinen Lesern, der Öffentlichkeit mitteile, welchen Kenntnisstand ich zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer bestimmte Angelegenheit habe. Und was er mir erzählte war, dass er alle drei Monate an die anderen Abteilungen einen Sachstandsbericht verschickte, über den Stand seiner Arbeiten. Es war Liebe auf den ersten Blick. Der Begriff Sachstandsbericht kam in die Welt und er gefiel mir.

Der Name: Sachstandsbericht

Sachstandsbericht, daran ist nichts fancy oder irgendwie hipp, modern oder schick. Es ist einfach eine altmodische Art etwas aufzuschreiben. Oder wie es meine Lieblingsprofessorin in Designgeschichte, Prof. Dr. Sonja Günther an der Universität Wuppertal immer sagte: »Schreiben Sie einfach auf, was ist. Der Rest kommt dann von ganz allein.« Das hat mir immer sehr gut gefallen. 

Rudolf Augstein wird das Zitat nachgesagt: »Sagen was ist« oder in seiner längeren Variante, »Sagen was ist, aus meiner Sicht«; Rosa Luxemburg soll gesagt haben: »Zu sagen was ist, bleibt die revolutionärste Tat.« 

Es hilft für das Verständnis sehr, etwas einfach nur, so sachlich wie möglich, zu beschreiben. Daraus ergibt sich in der Regel von selbst die Interpretation, wenn man genau genug ist. Und das möchte ich weiterhin sein, sorgfältig, genau und jedem Detail auf den tiefsten Grund gehend, egal welchen Mühen es kostet.

Was ist aber nun ein Sachstandsbericht?

Zum sechsten Sachstandsbericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) der Vereinten Nationen, schreibt Wikipedia, es sei »eine systematische Übersichtsarbeit zum Forschungsstand der Klimaforschung«. Quelle: https://de.wikipedia.org/

5. Ein Sachstandsbericht ist eine systematische Übersichtsarbeit zum Forschungsstand.

Das möchte ich zu diesem Zeitpunkt einmal so stehen lassen.

Das Ende der Fahnenstange?

Mitnichten - der Blogrelaunch kam on top

Das sollte aber für die Umwälzungen innerhalb der Website noch nicht alles sein. Mein Sohn L. meinte zur selben Zeit, wie toll er meine Blogbeiträge fände, wie wenig aber die Startseite von Cronhill.de meine viele Schreiberei, meine Recherchen, meine Mühen und meinen Aufwand abbilden würden. Ob ich mal daran gedacht hätte, die Seite in eine Subdomain umzuziehen?

Hatte ich noch nicht, aber seine Argumente klangen sinnvoll und überzeugend. Eine Seite, die mein Blog abbildet, ganz allein. Also habe ich das auch noch gestemmt - eine neue Startseite für mein Blog zu entwickeln. 

Wie viel Arbeit das war, wie viele Mühen das gekostet hat, ich hoffe Ihr könnt es sehen. Es gibt so viele aufwändige, liebevolle Details in dieser, meiner Website zu entdecken. 

Ich habe ein Changelog ergänzt, in der sich immer ziemlich genau nachverfolgen lässt, was sich innerhalb der Website Neues getan hat und ich bemühe mich, sie immer aktuell zu halten. 

Die Startseite ist jetzt grob in drei Bereiche aufgeteilt, das Blog und seine Beiträge, eine Spalte für die Sachstandsberichte und eine Spalte für eine Blogroll und das Changelog. Ich hoffe, Ihr findet die Seite übersichtlich genug, sie entspricht nicht den normalen Konventionen, aber das finde ich persönlich sehr gut, es gibt meiner Meinung nach zu viel Konformismus im Webdesign. 

Aktuell gibt es einen Sachstandsbericht »Form follows function«, an dem ich aktuell bereits inhaltlich arbeite. Die erste Änderung war, das gesamte Essay auf den neuesten Stand in Sachen Rechtschreibung zu bringen, denn diese Studienarbeit habe ich vor der ersten großen Rechtschreibrefom abgeschlossen.

Dann wurde ich schwer krank und es ging überhaupt nicht weiter.

Am 9. April 2022 wurde bei mir der Diabetes Typ II diagnostiziert und ich war eine Woche im Krankenhaus. Seit dem bin ich auf Diät, komme aber dank eines hervorragenden Gastroenterologen und einer sehr guten Diätassistentin und Ernährungsberaterin ausgezeichnet damit klar und habe nicht das Gefühl auf irgendetwas verzichten zu müssen.

1. Juli 2022

Neustart

Wieder genesen wartete die nächste Herausforderung auf mich, ich habe zum 1. Mai 2022 eine Teilzeitstelle bei der Uni Wuppertal angetreten. Und so zogen sich die Arbeiten nicht hin, ich schaffte es nicht irgendetwas in Causa Website oder Sachstandsbericht zu unternehmen.

Erst Anfang Juli verspürte ich wieder ausreichend Kraft für eine Wiederaufnahme. 

Und wenn ich die 5 Punkte zusammenfasse, dann ist völlig klar, dass ich für die Sachstandsberichte ein neues inhaltliches Format benötige, auf einer neuen technischen Basis, ausgereifter, variabler und weiterhin so schnell und übersichtlich der Rest meiner Website.

  1. In meinem neuen inhaltlichen Format kann man die Bearbeitungsschritte, die Veränderung des Textes nachvollziehen.
  2. Für komplexe, aufwändige Inhalte oder bildreiche Präsentationen ist der Jardin Intérieur nicht der geeignete Ort.  
  3. Aus technischen Gründen wird das Template für die Sachstandsberichte völlig neu entwickelt.
  4. Die Sachstandsberichte werden nicht in den Flow des Blogs integriert, es wird ein neues Format geben.
  5. Ein Sachstandsbericht ist eine systematische Übersichtsarbeit zum Forschungsstand.

Und während die Startseite bereits so gut wie fertig war, stellte das Template für den Sachstandsbericht eine besondere Herausforderung dar. Und es gab noch keine Hauptseite für einen Überblick über die existierenden Sachstandsberichte. 

Dazu mehr in Teil II in Kürze.

tl, dr;

Wie kam es zum neuen Format Sachstandsbericht und welche Überlegungen stecken dahinter.

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